Buchmessen in Leipzig

Wieder da – die Leipziger Buchmesse

Nachhaltigkeit erfahrbar machen – mit Kinderbüchern und Bildung für nachhaltige Entwicklung

Vier großartige Tage mit einer Menge Lesungen, Aussteller*innen, Besucher*innen und mindestens ebenso vielen fantastischen Buchmenschen fanden Ende April (!) in Leipzig statt. In den Pressemitteilungen liest man von Aussteller*innen aus 40 Ländern, sehr präsent dabei freilich das Gastland Österreich. Wir besuchten für Euch die Buchmesse und liefern hier ganz persönliche Schlaglichter auf das Lesefest – mit besonderem Fokus auf die Themen Vielfalt, Nachhaltigkeit und Kinderbuch.

Die zahlreichen ausgestellten Länder verteilten sich auf mehrere Genres und Hallen der Messe. In Halle 3 besuchten wir die Stände der Aussteller bzw. Landesvertretungen der Ukraine, Bulgariens, Tschechiens, Frankreichs, Italiens, Liechtenstein, Lettland, Kosovo, Kroatien, Österreich, Polen, Portugal, Serbien, Rumänien, Schweiz, Slowenien, Südkorea, Serbien, Slowenien und Südkorea. Auch in Halle 1 und 5 schauten wir uns nach Kinderliteratur und neue Netzwerkpartner*innen um.

Am Stand des Ukrainian Book Institute konnten wir gleich zu Beginn der Messe mit dem Kinderbuch-Verleger Oleg Symonenko (Chas Maistriv, Kyiv) sprechen. Als Oleg beim gemeinsamen Austausch feststellte, dass wir eine ehrenamtlich getragene mehrsprachige Kinderbibliothek und den gemeinnützigen Verein WeltOffen repräsentieren, wollte er uns auf jeden Fall ein Buch mitgeben – neu in unserem Bestand nun also: Ти і Малевич über das Werk und den Künstler Kasymyr Sewerynowytsch Malewytsch. Malewytschs Zugang zu Kunst wird für jüngere Leserinnen und Leser auf einfache Weise nachvollziehbar gemacht. Für alle werdenden Künstler*innen beispielsweise auch in unserem wöchentlichen Malkurs ist dieses sehr farbenfroh gestaltete Mitmach-Kinderbuch ein Muss.

Als Verleger des Buches sprach Oleg – selbst Vater dreier Kinder – über die Mission seines Verlages: neue Kinderbücher herausgeben, die Kindern helfen, das Wissen, die Intelligenz, Weisheit und Kultur zu formen, um einzigartige menschliche Personen zu werden. Gefragt, wie seine Tätigkeit als Verleger angesichts der Konkurrenz zu anderen Medien und finanzieller Herausforderungen

aussieht, antwortete Oleg (sinngemäß): ‚Meine Familie hält mich schon für etwas ‚crazy‘ angesichts aller Schwierigkeiten. Aber hier auf der Buchmesse und auch im Gespräch mit Euch lerne ich viele Menschen kennen, die ganz ähnlich denken.‘

Ebenfalls am Stand des Ukrainian Book Institute anzutreffen war Kseniya Fuchs, Redakteurin von Gel[:b]lau, der ukrainisch-deutschen Zeitschrift aus Stuttgart. Die aktuelle Ausgabe befasst sich mit dem Titelthema mentaler Gesundheit im Kontext von Fluchterfahrung, einem Thema, mit dem wir in unserer Bildungsarbeit auch immer wieder konfrontiert werden. Die Zeitschrift ist also wieder eine aufmerksame Lektüre wert. Ein Exemplar ist wie immer in unserer Bibliothek ausleihbar.

Unsere eigenen Veranstaltungen anlässlich der Buchmesse befassten sich auch mit dem ukrainischen Kinderbuch. Die Autorin Evgenia Zavaliy [Євгеніа Завалій] besuchte uns an zwei Tagen und gestaltete jeweils Lesungen rund um eine Buchreihe, die sie um das Thema Nachhaltigkeit gestaltete. In den Büchern „Mission Rettung“ geht es um verschiedene Tierarten und deren bedrohte Situation. Bisher erschienen sind außerdem Bücher zu Delphinen, Bären und Bienen. Evgenia schafft es im Erzählen während der Veranstaltungen wie auch in ihren Büchern, die Kinder direkt mit einer fesselnden Geschichte und tierischen Protagonist*innen für ihre „Mission“ zu begeistern und zu einem verantwortlicheren Umgang mit Tieren anzuregen. Gelesen wurde zweisprachig und im Anschluss folgten spannende Gespräche über die Sprache der Tiere: Bienen zum Beispiel summen vielleicht in der deutschen und der französischen Sprache mit stimmhaftem sssss, auf Ukrainisch hören sie sich nach einem weichen <sch> [ẑ bzw. ж] an.

Nachhaltigkeitsbildung, so sagt uns Evgenia, war noch vor einigen Jahren in der ukrainischen Verlagsszene ohne Bedeutung. Kinderbuchideen in dieser Richtung wurden damals noch ignoriert, aber inzwischen habe ein Umdenken stattgefunden. Das sei sicher auch auf die Annäherung an den Westen zurückzuführen. Evgenia interessiert sich sehr dafür, wie die Thematik hier in Kinderbüchern und Kinder-Sachbüchern aufgegriffen wird. Ihre Veröffentlichungen zählen zu den ersten, die in der Ukraine in dieser Art erschienen sind.

Die beiden Lesungen in unserer Bibliothek sind nur ein Anlass, um sich mit Nachhaltigkeit zu befassen. Bereits am 4. Mai lag im Jahr 2023 der Earth Overshot Day für Deutschland, also der Tag, an dem unser Lebensstil beginnt, die Ressourcen von mehr als einer Erde zu verbrauchen (wenn er denn überall auf der Erde verbreitet wäre). Wir leben mit anderen Worten auf Kosten anderer Teile der Weltbevölkerung, die den Planeten weniger belasten. Wie aber bringen wir unseren Kindern Nachhaltigkeitsthemen nahe, die deren Zukunft noch langfristiger betreffen werden? Wir schauten uns bei den Kinderbüchern auf der Messe um.

Der ukrainische Kinderbuchmarkt entdeckt gerade verstärkt Nachhaltigkeitsthemen und eine Übersetzung geriet hier in den Blick, die eigentlich keine Neuerscheinung ist: Das deutsche Publikum kennt die Geschichten von Lars Klinting bereits in Übersetzungen aus den 90er Jahren, der Autor portraitiert darin seine Figur des Bibers Castor (im Deutschen mutmaßlich aufgrund des Anklangs an die umstrittenen Atommüll-Transporte vom Verlag lieber in Kasimir umbenannt). Castor repariert allerhand Dinge, er näht, tischlert, backt, malt und immer wird neben der Geschichte in den Bildern auch das benötigte Werkzeug kindgerecht benannt und die Verwendung thematisiert. Der ukrainische Verlag Chas Maistriv (Час Майстрів) fasst Klintings Bücher um Castor zusammen als bunten und für Kinder sehr instruktiven Sammelband.

Auch an anderen Ständen finden wir Themen der Nachhaltigkeitsbildung in Kinderbüchern. Sie betreffen oft die Klimakatastrophe, aber auch Verschmutzung und viele weitere Themen – besonders gelungene Beispiele für solche Bücher stellen wir hier kurz vor:

Mit De l’autre côté de la mer hat Yukiko Noritake ein Kinderbuch geschaffen, das die Thematik der Meeresverschmutzung und großformatigen Bildern für Kinder greifbar macht. Als Wendebuch erzählt es die Geschichte von Léo und von Phara von beiden Seiten beginnend: Pharas Geschichte beginnt auf einer wunderschönen Insel im Meer mit ihren bunten Fischen und dem Leben am Strand, die von Léo am Hafen einer Großstadt, Schiffe laufen von dort mit Handelsgütern in alle Welt aus. Beide Handlungsstränge treffen sich in der Mitte des Buches mit einem Ereignis, das unser aller Verbindungen miteinander selbst über weite Verbindungen sichtbar macht – Globalisierung ist ein abstraktes Wort der Erwachsenen, für Kinder wird sie hier visuell erkennbar gemacht als Gesamtheit der Konsequenzen unseres Handelns, die uns auch selbst wieder treffen.

Am Stand des Polnischen Institutes Berlin finden wir mit „Fred“ Barbara Kosmowskas witzige Geschichte eines Hundes, der sich für den Erhalt des Planeten interessiert und einsetzen möchte. Seine Absichten sind nicht immer erkennbar für die Umwelt und gehen auch oft schief, so dass unser umweltfreundlicher Hund es zwar gut meint, aber meist für Komik sorgt. Fred spart Wasser durch ein Bad im Matsch, er wäscht das Geschirr mit seiner Zunge und sucht auch sonst recht kreative Lösungen für Umweltprobleme in seiner Umgebung – junge Leser*innen können aus seinen unterhaltsamen Bemühungen dennoch einige Fakten über das Thema lernen.

Aber auch der deutsche Markt bietet Nachhaltigkeitsthemen für Kinder. Inzwischen in zweiter Auflage gibt es das Katapult-Buch „Die Tiefseetaucherin“. Juli erkundet das Meer und spürt dabei unter anderem nicht nur ihren Lieblingstieren – den Orcas – nach, sondern auch dem immer wieder anzutreffenden Plastikmüll.

Diesen kleinen Einblick in Kinderbücher lokal und global zum Thema nachhaltige Entwicklung erweitern wir gern zu einer umfassenden Literaturliste und freuen uns über Hinweise auf Bücher, die wir hier noch nicht beachtet haben!

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