Buchmessen in Leipzig

  • Buchmessen in Leipzig

    Wieder da – die Leipziger Buchmesse

    Nachhaltigkeit erfahrbar machen – mit Kinderbüchern und Bildung für nachhaltige Entwicklung

    Vier großartige Tage mit einer Menge Lesungen, Aussteller*innen, Besucher*innen und mindestens ebenso vielen fantastischen Buchmenschen fanden Ende April (!) in Leipzig statt. In den Pressemitteilungen liest man von Aussteller*innen aus 40 Ländern, sehr präsent dabei freilich das Gastland Österreich. Wir besuchten für Euch die Buchmesse und liefern hier ganz persönliche Schlaglichter auf das Lesefest – mit besonderem Fokus auf die Themen Vielfalt, Nachhaltigkeit und Kinderbuch.

    Die zahlreichen ausgestellten Länder verteilten sich auf mehrere Genres und Hallen der Messe. In Halle 3 besuchten wir die Stände der Aussteller bzw. Landesvertretungen der Ukraine, Bulgariens, Tschechiens, Frankreichs, Italiens, Liechtenstein, Lettland, Kosovo, Kroatien, Österreich, Polen, Portugal, Serbien, Rumänien, Schweiz, Slowenien, Südkorea, Serbien, Slowenien und Südkorea. Auch in Halle 1 und 5 schauten wir uns nach Kinderliteratur und neue Netzwerkpartner*innen um.

    Am Stand des Ukrainian Book Institute konnten wir gleich zu Beginn der Messe mit dem Kinderbuch-Verleger Oleg Symonenko (Chas Maistriv, Kyiv) sprechen. Als Oleg beim gemeinsamen Austausch feststellte, dass wir eine ehrenamtlich getragene mehrsprachige Kinderbibliothek und den gemeinnützigen Verein WeltOffen repräsentieren, wollte er uns auf jeden Fall ein Buch mitgeben – neu in unserem Bestand nun also: Ти і Малевич über das Werk und den Künstler Kasymyr Sewerynowytsch Malewytsch. Malewytschs Zugang zu Kunst wird für jüngere Leserinnen und Leser auf einfache Weise nachvollziehbar gemacht. Für alle werdenden Künstler*innen beispielsweise auch in unserem wöchentlichen Malkurs ist dieses sehr farbenfroh gestaltete Mitmach-Kinderbuch ein Muss.

    Als Verleger des Buches sprach Oleg – selbst Vater dreier Kinder – über die Mission seines Verlages: neue Kinderbücher herausgeben, die Kindern helfen, das Wissen, die Intelligenz, Weisheit und Kultur zu formen, um einzigartige menschliche Personen zu werden. Gefragt, wie seine Tätigkeit als Verleger angesichts der Konkurrenz zu anderen Medien und finanzieller Herausforderungen

    aussieht, antwortete Oleg (sinngemäß): ‚Meine Familie hält mich schon für etwas ‚crazy‘ angesichts aller Schwierigkeiten. Aber hier auf der Buchmesse und auch im Gespräch mit Euch lerne ich viele Menschen kennen, die ganz ähnlich denken.‘

    Ebenfalls am Stand des Ukrainian Book Institute anzutreffen war Kseniya Fuchs, Redakteurin von Gel[:b]lau, der ukrainisch-deutschen Zeitschrift aus Stuttgart. Die aktuelle Ausgabe befasst sich mit dem Titelthema mentaler Gesundheit im Kontext von Fluchterfahrung, einem Thema, mit dem wir in unserer Bildungsarbeit auch immer wieder konfrontiert werden. Die Zeitschrift ist also wieder eine aufmerksame Lektüre wert. Ein Exemplar ist wie immer in unserer Bibliothek ausleihbar.

    Unsere eigenen Veranstaltungen anlässlich der Buchmesse befassten sich auch mit dem ukrainischen Kinderbuch. Die Autorin Evgenia Zavaliy [Євгеніа Завалій] besuchte uns an zwei Tagen und gestaltete jeweils Lesungen rund um eine Buchreihe, die sie um das Thema Nachhaltigkeit gestaltete. In den Büchern „Mission Rettung“ geht es um verschiedene Tierarten und deren bedrohte Situation. Bisher erschienen sind außerdem Bücher zu Delphinen, Bären und Bienen. Evgenia schafft es im Erzählen während der Veranstaltungen wie auch in ihren Büchern, die Kinder direkt mit einer fesselnden Geschichte und tierischen Protagonist*innen für ihre „Mission“ zu begeistern und zu einem verantwortlicheren Umgang mit Tieren anzuregen. Gelesen wurde zweisprachig und im Anschluss folgten spannende Gespräche über die Sprache der Tiere: Bienen zum Beispiel summen vielleicht in der deutschen und der französischen Sprache mit stimmhaftem sssss, auf Ukrainisch hören sie sich nach einem weichen <sch> [ẑ bzw. ж] an.

    Nachhaltigkeitsbildung, so sagt uns Evgenia, war noch vor einigen Jahren in der ukrainischen Verlagsszene ohne Bedeutung. Kinderbuchideen in dieser Richtung wurden damals noch ignoriert, aber inzwischen habe ein Umdenken stattgefunden. Das sei sicher auch auf die Annäherung an den Westen zurückzuführen. Evgenia interessiert sich sehr dafür, wie die Thematik hier in Kinderbüchern und Kinder-Sachbüchern aufgegriffen wird. Ihre Veröffentlichungen zählen zu den ersten, die in der Ukraine in dieser Art erschienen sind.

    Die beiden Lesungen in unserer Bibliothek sind nur ein Anlass, um sich mit Nachhaltigkeit zu befassen. Bereits am 4. Mai lag im Jahr 2023 der Earth Overshot Day für Deutschland, also der Tag, an dem unser Lebensstil beginnt, die Ressourcen von mehr als einer Erde zu verbrauchen (wenn er denn überall auf der Erde verbreitet wäre). Wir leben mit anderen Worten auf Kosten anderer Teile der Weltbevölkerung, die den Planeten weniger belasten. Wie aber bringen wir unseren Kindern Nachhaltigkeitsthemen nahe, die deren Zukunft noch langfristiger betreffen werden? Wir schauten uns bei den Kinderbüchern auf der Messe um.

    Der ukrainische Kinderbuchmarkt entdeckt gerade verstärkt Nachhaltigkeitsthemen und eine Übersetzung geriet hier in den Blick, die eigentlich keine Neuerscheinung ist: Das deutsche Publikum kennt die Geschichten von Lars Klinting bereits in Übersetzungen aus den 90er Jahren, der Autor portraitiert darin seine Figur des Bibers Castor (im Deutschen mutmaßlich aufgrund des Anklangs an die umstrittenen Atommüll-Transporte vom Verlag lieber in Kasimir umbenannt). Castor repariert allerhand Dinge, er näht, tischlert, backt, malt und immer wird neben der Geschichte in den Bildern auch das benötigte Werkzeug kindgerecht benannt und die Verwendung thematisiert. Der ukrainische Verlag Chas Maistriv (Час Майстрів) fasst Klintings Bücher um Castor zusammen als bunten und für Kinder sehr instruktiven Sammelband.

    Auch an anderen Ständen finden wir Themen der Nachhaltigkeitsbildung in Kinderbüchern. Sie betreffen oft die Klimakatastrophe, aber auch Verschmutzung und viele weitere Themen – besonders gelungene Beispiele für solche Bücher stellen wir hier kurz vor:

    Mit De l’autre côté de la mer hat Yukiko Noritake ein Kinderbuch geschaffen, das die Thematik der Meeresverschmutzung und großformatigen Bildern für Kinder greifbar macht. Als Wendebuch erzählt es die Geschichte von Léo und von Phara von beiden Seiten beginnend: Pharas Geschichte beginnt auf einer wunderschönen Insel im Meer mit ihren bunten Fischen und dem Leben am Strand, die von Léo am Hafen einer Großstadt, Schiffe laufen von dort mit Handelsgütern in alle Welt aus. Beide Handlungsstränge treffen sich in der Mitte des Buches mit einem Ereignis, das unser aller Verbindungen miteinander selbst über weite Verbindungen sichtbar macht – Globalisierung ist ein abstraktes Wort der Erwachsenen, für Kinder wird sie hier visuell erkennbar gemacht als Gesamtheit der Konsequenzen unseres Handelns, die uns auch selbst wieder treffen.

    Am Stand des Polnischen Institutes Berlin finden wir mit „Fred“ Barbara Kosmowskas witzige Geschichte eines Hundes, der sich für den Erhalt des Planeten interessiert und einsetzen möchte. Seine Absichten sind nicht immer erkennbar für die Umwelt und gehen auch oft schief, so dass unser umweltfreundlicher Hund es zwar gut meint, aber meist für Komik sorgt. Fred spart Wasser durch ein Bad im Matsch, er wäscht das Geschirr mit seiner Zunge und sucht auch sonst recht kreative Lösungen für Umweltprobleme in seiner Umgebung – junge Leser*innen können aus seinen unterhaltsamen Bemühungen dennoch einige Fakten über das Thema lernen.

    Aber auch der deutsche Markt bietet Nachhaltigkeitsthemen für Kinder. Inzwischen in zweiter Auflage gibt es das Katapult-Buch „Die Tiefseetaucherin“. Juli erkundet das Meer und spürt dabei unter anderem nicht nur ihren Lieblingstieren – den Orcas – nach, sondern auch dem immer wieder anzutreffenden Plastikmüll.

    Diesen kleinen Einblick in Kinderbücher lokal und global zum Thema nachhaltige Entwicklung erweitern wir gern zu einer umfassenden Literaturliste und freuen uns über Hinweise auf Bücher, die wir hier noch nicht beachtet haben!

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    Leipziger Buchmesse 2013

    Bücher – Книги – Livres – Libri – Könyvek – 도 서 – Książki – Kirjat – Bøker – Sách … Moment. Hier wird es unrealistisch, denn eigentlich gab es im fremdsprachigen Bereich der Leipziger Buchmesse zwar Bücher in vielen Sprachen zu bestaunen, aber bereits die skandinavischen Verlage wurden gesammelt von einem Stand repräsentiert und „Sách“ gab es auch in diesem Jahr nicht zu sehen. Nicht, dass eine internationale Atmosphäre gefehlt hätte, wir konnten ausgesprochen interessante Gespräche mit Vertretern bulgarischer, slowakischer, ungarischer und vieler weiterer Verlage führen und über die aktuelle (manchmal auch über die klassische) Kinder- und Jugendliteratur dieser Länder viel lernen. Allein in den Fällen, in denen die Wege länger sind, werden die Vertreter selten. Und so bleibt die Bunte Büchothek auch während der international ausgerichteten Leipziger Buchmesse der einzige Ort, an dem beispielsweise vietnamesische oder auch thailändische Kinderliteratur im Original zu finden ist. Konzentrieren wir uns aber nicht auf das, was fehlt, sondern auf das Vorhandene bzw. auf die Anwesenden!

    Die Sammelpräsentation ukrainischer, polnischer und weißrussischer Literatur tranzyt versprach auch in diesem Jahr einen Blick in die Literaturen, die in der näheren sprachlichen Nachbarschaft liegen. Der Akzent bei transzyt-Lesungen lag dabei einmal mehr auf den Autoren und Werken, die zur erwachsenen, meist zur ernsten Literatur zählen und oft mit Systemkritik befasst sind. Die Sammelvertretungen dieser Staaten boten darüber hinaus jeweils einen Einblick in Bücher für die jüngeren und für die jüngsten Leser; einige der Neuerscheinungen sind auf unseren Bildern zu sehen.

    Foto: Valentina Campanella

    Aus der Slowenischen Republik reisten Vertreter der Buchagentur JAK an, die die Bekanntheit vor allem prämierter Jugendbuchautoren in den deutschsprachigen Ländern erhöhen wollen. Viele aktuelle Lizenzübernahmen, soll heißen Übersetzungen aus dem Slowenischen zählt der interessierte Leser bei einer kurzen Recherche nicht, das allein spricht jedoch nicht gegen ihre Relevanz. Ein Beispiel für wichtige zeitgenössische Autoren aus der slowenischen Republik ist Slavko Pregl. Die Texte dieses modernen Klassikers für Kinder und auch für Jugendliche haben national einen sehr guten Ruf, so gut, dass der Autor vor einigen Jahren der slowenischen Autorenorganisation (der slowenische PEN-Club, wenn man so will) vorstand und später im Regierungsdienst die slowenische Buchagentur JAK auf den Weg bringen durfte. Schaut man sich an, wer ähnlichen Organisationen etwa in Deutschland vorsteht, wird klar, dass diese Position hier eher selten Kinderbuchautoren einnehmen. Trotz der nationalen Wertschätzung und ungeachtet vieler Übersetzungen ins Serbische, Kroatische, Russische, Usbekische, Makedonische, Tschechische, Slowakische, Bulgarische und Polnische ist Pregl in den meisten westeuropäischen Staaten noch unterschätzt, ein Schicksal, das er – unverdient – mit einigen anderen Autoren des ehemaligen Ostblocks teilt. Pregl ist ein genauer und dazu noch sehr humorvoller Beobachter, wenn es um die Lebenswelt von Jugendlichen geht (Pregl: „Humor rettet nicht die Welt. Er rettet Menschen“). Während sich die Welt auf die x-te Fortsetzung von Greg’s Diary konzentriert, entgeht ihr mit Pregls Geniji-Büchern (Geniji v kratkih hlačah 1978, Geniji v dolgih hlačah 1985 und Geniji brez hlač 2009 – Genies in kurzen Hosen/ Genies in langen Hosen/ Genies ohne Hosen) nicht allein eine Fülle witziger (und in ihrer Nachvollziehbarkeit fast überall auf der Welt gültige) Pointen, sondern eine hintersinnige, intelligente coming of age-Lektüre für Schüler und alle, denen das Schülerdasein nicht allzu fern gerückt ist. Wer hier neugierig auf eines von Pregls über 40 Büchern ist, muss Sprachenkenntnisse mitbringen: einzelne Texte gibt es auch auf Englisch oder Schwedisch, von seinen Büchern existieren hauptsächlich Übersetzungen in andere slawische Sprachen und ins Italienische.
    Dieses Jahr durften wir auch einige hier wenig bekannten weißrussischen Kinderliteraturverlage und ihre Bücher kennenlernen. Beeindruckend waren stimmungsvoll illustrierte Bücher mit Kinderlyrik, aber auch die neue Übersetzung eines der bekannten Werke von Janusz Korzhak „Kajtuś czarodziej“ aus dem Polnischen sowie die neu aufgelegte Übersetzung des „Ferda Mravenec“ von Ondřej Sekora. Im Gespräch mit der Vertreterin des „Lohvinau“-Verlags unterhielten wir uns über die Gemeinsamkeiten und Unterschiede im deutschen und weißrussischen Kinderliteraturmarkt. In Weißrussland, so Frau Pikirenia, werde viel mehr Lyrik für Kinder gedichtet und vorgelesen.

    Über Buchmessebegegnungen und die Fülle an Eindrücken aus den bunten Messehallen ließe sich noch viel berichten – Lesungen mit Gesang, Gespräche mit Literaturagenten und vieles mehr wäre eigene Artikel wert. Auch die medialen Wege dieser Begegnungen sind eine Erwähnung wert: werden Unterhaltungen oft noch auf Englisch geführt, stützen inzwischen auch Smartphone-Übersetzungsapps diese Gespräche; so wurde in Büchern blätternd die Handlung zusammengefasst und nach den richtigen Worten gesucht.

    Wer genau hingeschaut hat, konnte die feinen Unterschiede zwischen den Gesprächen an den Ständen verschiedener Messehallen beobachten: während in der Halle mit den Lehrmittelverlagen eifrig Händler- und Verlegergespräche stattfanden und das vorbeiflanierende Publikum manchmal Bestellzahlen und -summen erhaschen konnte, blieb es außerhalb der Lesungen und tranzyt-zentrierten Landesvertretungen oft auch sehr ruhig in der Halle mit den internationalen Ausstellern. Bleibt nur ein Tipp an die von der Flut ungewollter Manuskripte vielleicht oft sehr ausgelasteten deutschen Verleger: Nehmen Sie sich die Zeit, schauen sie bei den weitgereisten Kollegen vorbei und genauer in die Bücher hinein, vielleicht – nein: ganz sicher lohnt sich ihr leipziger internationaler Buchmessespaziergang!

    Text: Christian Räsack

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    Leipziger Buchmesse 2012

    Auch in diesem Jahr haben wir uns im Bereich der Kinder- und Jugendbücher umgeschaut und vor allem nach hervorragenden mehr- und fremdsprachigen Medien gesucht. Als erstes fiel auf, dass die wenigsten jener (Klein-)Verlage erneut Leipzig besuchten, die im Vorjahr am Symposium für Mehrsprachigkeit teilgenommen hatten. Aber wie 2011 gab es wieder eine Menge interessante Entdeckungen und Bekanntschaften.
    So lernten wir den ukrainischen Verlag А-БА-БА-ГА-ЛА-МА-ГА kennen. Die ukrainische Kinderbuchproduktion scheint sich erheblich von der hierzulande bestehenden zu unterscheiden. Zeichner stehen mindestens ebenso wie Texter im Vordergrund – und das zu Recht.

    Die ausgefeilten Malereien eines Владислав Єрко (Vladislav Erko) zu dem bei А-БА-БА-ГА-ЛА-МА-ГА in Kiev 2011 erschienenen Andersen-Märchen Снігова королева (Die Schneekönigin) ist so ein Fall. Das liebevoll illustrierte Buch ist Seite für Seite ein Kunstwerk. Ebenfalls in diesem Verlag erschienen ist Золотий павучок von Іван Малкович (Ivan Malkovic: Die goldene Spinne). Einen kleinen Blick auf die Illustrationen von Катерина Штанко (Katerina Schtanko) zu diesem Buch kann man hier (http://ababahalamaha.com.ua/uk/Золотий_павучок) werfen.

    Ähnliche Begeisterung vermochten slowenische Märchenbücher hervorzurufen – und das übrigens auch bei den Nutzern der Bunten Büchothek, die der Sprache nicht mächtig sind. Die Bilder darin verfangen auch ohne Worte. Beispielsweise das von Ančka Gošnik märchenhaft schön illustrierte Buch Za devetimi gorami: slovenske ljudske pravljice (Hinter den neun Bergen: slowenische Volksmärchen) der Erzählerin Anja Štefan.

    Um das Plädoyer für gut illustrierte Kinderbücher abzuschließen sei noch eine rumänische Bearbeitung der Göttlichen Komödie Dantes für Kinder (!) erwähnt, deren aufwändige Gestaltung ins Auge fällt. Das von Roberto Mussapi in eine knappere Form gebrachte Werk der Weltliteratur wurde gewiss noch nicht allzu häufig für ein jüngeres Publikum erschlossen und der verlegerische Ergeiz des Verlages Corint Junior hat sich, hält man das Buch erst in den Händen, sehr gelohnt.
    Wie lange es wohl dauert, bis ein Lizenznehmer hier solche Schmuckstücke wahrnimmt? Und was nicht weniger wichtig ist: wird ein solcher Lizenznehmer auf die Illustrationen verzichten und diese durch die … nun ja, durch die hier üblichen Bebilderungen ersetzen? Man darf gespannt sein.
    Der lettische Autor Juris Zvirgzdins konnte uns ebenfalls begeistern: der Rigaer Autor besuchte Leipzig und hatte einige seiner Tobiass-Bücher im Gepäck. Sie wurden auch ins Russische, Englische und Italienische übersetzt, in seiner Heimat bekam Zvirgzdins einige Preise für Kinderliteratur. Sein Vlies-Teddy Tobiass ist der Held einiger Geschichten, das Buch Tobiass un neparastais ciemins kann in der lettischen Originalfassung in unserer Bibliothek ausgeliehen werden.

    Nostalgische Gedanken ließ der Besuch des ungarischen Standes (Foto) aufkommen: Der eine oder andere mag sich an die Abenteuer von Kater Schnurz im Märchenland oder … in der Sahara noch erinnern. Sein Schöpfer ist der ungarische Autor Jenö Kalman (1885 – 1968), illustriert wurden die Geschichten von Béla Tankó.
    Auch die Leipziger Kinderbuchproduktion fiel ins Auge: Am kleinen Stand des Freundeskreises Buchkinder e.V. präsentierte Ralph-Uwe Lange stolz ein englisch-deutsches Buchkinder-Buch (siehe Foto).

    Am Ende der vier Tage konnten wir die Buchmesse mit einer Menge neuer Anschaffungen und Ideen für Anschaffungen verlassen – hinzu kam der Gedanke, dass nach der Messe vor der Messe ist … und Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude.

    A.I./C.R. Fotos: I.B.

  • Buchmessen in Leipzig

    Leipziger Buchmesse 2011

    Bücher, Cosplay, Comics, Mehrsprachigkeit, Symposien, noch mehr Bücher, richtig nette Autoren, Verleger und falls ich es noch nicht erwähnt habe, wahnsinnig viele interessante Bücher. Der Besuch der Buchmesse war bisher in jedem Jahr empfehlenswert, und so auch in diesem Jahr, deshalb hier ein paar Eindrücke aus interessengeleiteter Sicht.

    Mit dem Gastland Serbien wurde endlich ein gebührendes Schlaglicht auf eine Literatur geworfen, die in Deutschland deutlich mehr Aufmerksamkeit verdient hätte. Natürlich stehen bei so einem Gastauftritt die „Großen“ im Vordergrund, so dass man nach der Kinder- und Jugendliteratur ein wenig suchen muss. Aber schon vom letzten Jahr wussten wir, dass sich das lohnt. Die auf der Buchmesse präsentierten serbischen Kinderbücher waren kreativ und liebevoll gestaltet, auch auf dem serbischen Markt legt man dabei Wert auf Inhalte wie Kinderrechte, Umweltschutz und natürlich auf spannende Geschichten. Seit einigen Jahren wird auch von serbischen Verlegern das Thema mehrsprachige Kinderbücher verfolgt und ausgebaut.
    Schöne und kreativ gestaltete Kinderliteratur kam nach Leipzig außerdem aus den Ländern Polen, Slowenien, Slowakei, Saudi-Arabien und der Schweiz. Zu bewundern gab es auch einige professionell und liebevoll konzipierte Bücher für sehbehinderte Kinder.
    Der Arbeitskreis für Jugendliteratur e.V. lud unterdessen zum Symposium über Mehrsprachigkeit ein, mit mehreren Vorträgen nebst Podiumsdiskussion wurde der Frage Mehrsprachigkeit – Glücksfall oder Stolperstein für den Bildungserfolg? nachgegangen. Nach einer Begrüßung durch Regina Pantos, die Vorsitzende des AKJ, sprach Dr. Gesa Siebert-Ott aus sprach-didaktischer Perspektive über das Thema Mehrsprachigkeit als Bildungsressource. Sie bekräftigte in der anschließenden Diskussion, dass dem kindlichen (Mehr-)Sprachenerwerb kaum Grenzen gesetzt seien und keine Überforderung etwa bei zwei- oder gar dreisprachiger Erziehung auftrete. Kinder können die Sprachmodi gut trennen und zeigen auch das Interesse an weiteren Sprachen durch ihre erhöhte Sprachbewusstheit (language awareness) und kulturelle Bewusstheit (cultural awareness), so die Professorin der Universität Siegen. Ilona Pohl schloss in ihrem Vortrag mit einem Beispiel aus der Praxis in Berlin-Neukölln an, sie stellte die schulgeldfreie staatliche Europaschule Berlin vor.
    Patricia Hahne-Wolter, Vorsitzende des Netzwerkes Mehrsprachigkeit und Verlagschefin des SchauHoer-Verlages, nutzte in ihrem Vortrag die Gelegenheit, einige ausgewählte Beispiele für mehrsprachige Kinderbücher vorzustellen. Sie betonte den kulturellen Wert der Arbeit von Verlagsunternehmen, welche neben den Autoren die eigentlichen „Produzenten“ der Bücher seien.
    Sie sprach auch an, dass aus Verlegersicht die häufig geäußerte Bitte schwach finanzierter Bibliotheken um Gratis-Exemplare auf Unverständnis stößt. Diese Aussage gilt allerdings sicher nicht für alle Verleger mehrsprachiger Bücher, und auch Praktiker aus der Öffentlichkeitsarbeit erkennen oft eher einen Vorteil in der gezielten Abgabe von Büchern an Multiplikatoren wie Projektbibliotheken, die in vielfältige Netzwerke eingebunden sind.

    Mit der Vorstellung ihres projektorientierten Berliner Kinderbuchladens mundo azul (die blaue Welt) gab im Anschluss Mariela Nagle Einblicke in die auch uns vertrauten Schwierigkeiten der Beschaffung internationaler Kinderbücher für Leser in Deutschland. Sie zeigte auf, wie lohnenswert und interessant diese Arbeit ist. Mit ihrem Buchladen bietet sie neben lateinamerikanischer auch französische, englische und italienische Kinderliteratur, sie besorgt Schulbücher und Arbeitshefte für Lehrer, veranstaltet Workshops, originalsprachliche Lesungen mit Autoren und bietet mehrsprachigen Eltern und Kindern ein Forum zum Erfahrungsaustausch.

    Die Abschlussdiskussion zeigte das große fachliche Interesse auch auf Seiten von Kindergärtnerinnen in teilweise mehrsprachig ausgerichteten Einrichtungen, die einen hohen Anteil an Kindern von Migranten zu betreuen haben. Wichtig war hier der Appell an die Politik, den Frau Prof. Siebert-Ott aussprach, in den Gruppen eine Durchmischung von deutscher Sprache und Fremdsprachen mindestens im Verhältnis 50:50 zu gewährleisten. Selbst bei hoher Qualifikation sind die Erzieher in ihren Bemühungen um den kindlichen Erwerb der deutschen Sprache in Gruppen mit hohem Anteil von Kindern aus Zuwandererfamilien zwangsläufig erfolglos.

    Hervorzuheben wären noch einige Gespräche und Begegnungen mit Autoren und Verlegern, an dieser Stelle und im Rezensionsbereich folgen deshalb bald weitere Eindrücke der diesjährigen Buchmesse!

    C.R.

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